Ein deutscher Ingenieur hat einen sehr fischigen Robo-Fisch gebaut – für eine möglichst störungsfreie Ozeanforschung.

„Sofi“ gibt es bislang nur einmal, aber die Mehrfachbelichtung zeigt, wie sehr die Bewegungen des Roboters einem echten Fisch…

Man muss nicht unbedingt ein besonders mitfühlender Angler sein, um sich ab und an zu fragen: Was denkt der Fisch jetzt wohl? Bei einem Hecht am Haken kann man es sich am ehesten ausmalen, bei einem Piranha, dem zum 100sten Mal von jenseits der Aquarium-Scheibe ein Finger hingehalten wird, auch.

Aber was mag den Bewohnern der Meerenge zwischen den Fidschi-Inseln Taveuni und Vanua Levu durch die Fischköpfe gegangen sein, als sie Sofi sahen? Nicht viel, wenn es nach Robert Katzschmann geht. Denn Sofi sieht aus wie ein Fisch und bewegt sich vorwärts mithilfe einer ausschlagenden Schwanzflosse. Aber Sofi ist ein Roboter. Der deutsche Ingenieur und seine Mitarbeiter vom Massachusetts Institute of Technology haben ihn gebaut und stellen ihn – oder sie – jetzt im Magazin „Science Robotics“ vor.

Fisch – ferngesteuert, nicht gefillt

„Sofi“ steht für „Soft Robotic Fish“ und schwimmt von einem Taucher ferngesteuert bis zu 18 Meter tief. Ihre Brustflossen dienen ihr als Höhenleitwerke. Sie ist 47 Zentimeter lang und hat Fischaugen, also extreme Weitwinkel-Linsen. Diese sind auf kleine Videokameras montiert. Sofi fühlt sich auch ein bisschen an wie ein Fisch – eben soft – und soll Prototyp für neue Forschungsinstrumente sein, mit denen Biologen natürliches Verhalten von Meerestieren untersuchen können.

Was nach fortgeschrittener Bastelspielerei für große Jungs und Mädchen – Katzschmanns Chefin Daniela Rus ist Mitautorin der Veröffentlichung – klingt, ist wahrscheinlich das am weitesten entwickelte Gerät dieser Art. Und Sofi wurde zwar von Unterwasserräubern nie mit einer Mahlzeit verwechselt, doch die Herausforderungen seien trotzdem immens gewesen, sagt Katzschmann. Damit sie beispielsweise schnell genug schwimmen konnte, „haben wir erheblich an der selbst gebauten Pumpe gefeilt“. Mit deren Hilfe wird im Robo-Fischschwanz hydraulisch Flüssigkeit von der einen Seite zur anderen und zurückgepumpt, um die fischtypische Schwimmbewegung zu ermöglichen. Dazu kam das Problem, den weichen Roboter bei den extrem unterschiedlichen Druckverhältnissen zwischen null und 18 Meter Tiefe stabil, wasserdicht, kommunikationsfähig und steuerbar zu halten.

Ultraschallecho verwirrt den Roboter

Überhaupt stellten Kommunikation und Steuerung die Forscher auf die Probe: Für Funk- oder optischen Signalaustausch ist die Unterwasserwelt, speziell an einem Riff, nicht ideal. Das Team entschied sich für Ultraschall, doch auch hier gab es buchstäblich Hindernisse. Denn der Roboter empfängt auch Echos dieser Signale, die von der Umgebung oder der Meeresoberfläche abprallen. Das kann ihn ziemlich durcheinanderbringen. „Wir mussten einen speziellen Dekodierungsalgorithmus entwickeln, um diese Effekte zu eliminieren“, erläutert Katzschmann. Zudem habe man die Klangfrequenzen so robust wie möglich wählen, gleichzeitig aber darauf achten müssen, dass sie andere Meeresbewohner möglichst wenig stören.

Wenig zu stören, aber viel zu sehen und auch zu hören am Riff, ist eines der wichtigsten Ziele solcher Projekte. Denn auch strampelnde und blubbernde Taucher oder brummende und von Schrauben angetriebene Mini-U-Boote können eine Kamera auf das Ökosystem richten. Aber ob solche Eindringlinge immer natürliches Verhalten beobachten können, ist mehr als fraglich. Sofi, weil sie aussieht und schwimmt wie ein Fisch, wurde dagegen offenbar kaum als Störenfrieda wahrgenommen. „Gewöhnlich sind andere Fische ungestört weitergeschwommen, manche schwammen auch interessiert neben Sofi“, sagt Katzschmann.

Roboter sind alles andere als Blechkameraden

Weltweit arbeiten derzeit zahlreiche Teams auf dem Gebiet der „Weichen Robotik“. Ziel sind Geräte zur Erforschung der Umwelt, die sich ähnlich wie Tiere fortbewegen, sich ihrer Umgebung anpassen und mit ihr interagieren, die tierähnlich aussehen und sich auch so anfühlen.

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Eine Arbeitsgruppe von der Harvard University etwa stellte im Februar eine Roboterschlange vor. Sie bewegt sich mithilfe einer verformbaren, geschuppten Außenhaut nach dem gleichen Prinzip wie echte Schlangen. Ihre Nachfolger sollen ökologische und verhaltensbiologische Daten sammeln. Sie könnten aber auch zur Erkundung verminter oder kontaminierter Gebiete dienen. Vom selben Uni-Department stammt eine Drohne, die sich mit Flügelschlägen wie eine Biene fortbewegt. Sie heißt denn auch Robobee, kann aber auch tauchen und wieder aus dem Wasser starten.

In Zukunft holen sich die Soft-Robots die Energie von der Sonne

Auch extreme Miniaturisierungen werden derzeit entwickelt. Am Mittwoch etwa stellten Ingenieure, die ebenfalls am Massachusetts Institute of Technology arbeiten, auf einer Konferenz Nano-Sensoren mit winzigen Speichern vor. Sie können etwa Partikel in der Luft oder Moleküle im menschlichen Darm registrieren, bevor sie dann wieder eingefangen und ihre Daten ausgelesen werden.

Katzschmann seinerseits will erst einmal Sofi weiterentwickeln. Mehr Autonomie und Steuerbarkeit vom Boot aus sind dabei wichtige Ziele. Auch eine „Sosofi“, also ein Nachfolgemodell mit unabhängiger Stromversorgung über Solarzellen, ist geplant. Und gegen einen Anruf einer Firma, die die soften Robofische vielleicht gerne in Serie produzieren würde, hätte er auch nichts.

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