Der neue Präsident der Beuth-Hochschule würde seine Einrichtung wegen des antisemitischen Namensgebers gerne umbenennen – und spricht über das Leiden an TXL.

Die Beuth-Hochschule ist eine der größten Fachhochschulen Berlins.

Herr Ullmann, was haben Sie als neuer Präsident mit der Beuth-Hochschule vor?

Ein wichtiger Punkt für uns: Service- und Lösungsorientierung innerhalb der Hochschule. Da hakt es doch an einigen Stellen, das ist für alle Beteiligten nicht zufriedenstellend. Mit einer Verwaltungsmodernisierung wollen wir die Freude am Service etablieren. Das gilt für alle Gruppen an der Hochschule: Für alle soll die Arbeitszufriedenheit größer werden.

Sie haben sich als ein Ziel gesetzt, dass die Hochschule von außen neu wahrgenommen werden muss. Wo gibt es da bisher Defizite?

Die amtierende Präsidentin hatte die Dekanerunde im Frühjahr letzten Jahres aufgeschreckt. Da gab es einen Artikel in der Wirtschaftswoche, wo Personalentscheider gefragt wurden, wo sie am liebsten rekrutieren. Da tauchte unsere Hochschule nicht wirklich auf. Hier ist unser Anspruch, dass unsere Absolventinnen und Absolventen wahrgenommen werden mit einem qualitativ hochwertigen Abschluss, die auch mehr können als Technik. Technik allein ist heute nicht mehr zielführend, sie muss eingebettet sein in organisatorische, soziale und ethische Aspekte sowie in das Thema Nachhaltigkeit.

Ist das nur ein Imageproblem oder muss sich etwas in der Lehre ändern?

Wir haben sicher ganz hervorragende Studiengänge, wo uns die Absolventinnen und Absolventen aus den Händen gerissen werden. Aber in gewissen klassischen Feldern haben wir Handlungsbedarf. Teilweise ist uns das schon gelungen: Elektromobilität und Humanoide Robotik sind zwei Studiengänge, die eingeschlagen haben. Da merkt man die Begeisterung aller die mitwirken, auch der Studierenden. In die Richtung müssen wir uns mehr bewegen. Wir möchten ohnehin viel stärker auch mit den Studentenvertretungen und -initiativen zusammenarbeiten, weil die 13 000 kreativen Köpfe ein unglaubliches Potenzial sind, das wir mehr erschließen möchten.

Die Hochschule bewegt derzeit besonders der Streit um ihren Namensgeber, den preußischen Vater der Gewerbeförderung, Christian Peter Beuth, der Antisemit war. Es gibt Forderungen, dass die Hochschule den Namen wieder ablegen soll. Wie stehen Sie dazu?

Es ist erstmal toll, dass wir eine so intensive Diskussion an der Hochschule bekommen haben, dass da so offen über das Thema gesprochen wird. Ich selber sehe einem neuen Namen positiv entgegen, das will ich nicht verhehlen. Das drückt auch etwas für die Gesellschaft aus in der heutigen Zeit.

Ist der Prozess der Umbenennung schon eingeleitet worden?

Das ist nicht die Aufgabe einer Präsidentin oder eines Präsidenten, sondern eine Angelegenheit der Akademischen Versammlung. Ich werde aber sicher darauf drängen den laufenden Prozess schnell weiterzuführen,  dass die Hochschule zu einer Entscheidung kommt. Das wird auch innerhalb der Hochschule so gewünscht.

Gibt es schon Vorschläge für einen neuen Namen?

Nein, aber Ideen und Bestrebungen, auch aus der Studierendenschaft, da haben sich bereits Initiativen zusammengetan. Eine heißt glaube ich „Studentische Initiative für einen schönen Hochschulnamen“ – da ist ein Prozess im Gange, da kreativ ranzugehen.

Der Flughafen Tegel spielt eine wichtige Rolle in der Zukunftsplanung der Beuth-Hochschule, sie will dort einen Campus errichten, wenn der Flughafen nach der Eröffnung des BER schließt. Wie behindert die Hängepartie um die Berliner Flughäfen die Entwicklung der Hochschule?

Extrem. Das ist für uns eine ganz große Herausforderung. Wir haben grundsätzlich bereits ein Flächendefizit. Wir haben momentan Flächen in Außenstellen, die könnten heutzutage nicht mehr genehmigt werden. Die haben großen Einschränkungen, das behindert uns in unserer Entwicklung in Lehre und Forschung. Wir hoffen inständig, dass zumindest das Gebäude Wedding Advanced Laboratories auf dem Campus in der Luxemburger Straße in die Gänge kommt. Dann wären wir einen kleinen Schritt weiter. Wir warten aber dringend auf die TXL-Nachnutzung, da hängen wir am seidenen Faden und retten uns von Jahr zu Jahr mit Notlösungen.

Gibt es einen Punkt, an dem Sie sagen würden: Wir geben das mit Tegel auf, wir brauchen eine andere Planung?

Es muss jetzt sehr schnell das Thema Denkmalschutz bewertet werden, was das ausmacht, was das gegebenenfalls an Umplanungen erforderlich macht und wie dann das Flächenprogramm für die Hochschule aussehen könnte. Dann können wir sehen: Haben wir tatsächlich eine Perspektive dort, oder entschwindet die im Nebel? Dann müssten wir uns gegebenenfalls anders orientieren. Wir wollen die Tegel-Nachnutzung, aber es muss sich bald konkretisieren.

Sehen Sie das Land Berlin gut gerüstet dafür, dass die Nachnutzung Tegels schnell umgesetzt werden kann, wenn dort wirklich der Flugbetrieb eingestellt wird?

Das kann ich nicht beurteilen. Für uns als Hochschule kann ich sagen, dass die beteiligten Kolleginnen und Kollegen ihre Planungen immer fristgerecht abgegeben haben. Wir stehen auch in Zukunft bereit und wären sofort handlungsfähig.

Wie stehen Sie zum Promotionsrecht für Fachhochschulen? In Berlin soll der Weg über kooperative Promotionen mit Universitäten Vorrang haben, die FHs beklagen aber, dass das viel zu langsam voran geht. Würden Sie sich ein eigenes Promotionsrecht wünschen?

Eine zweischneidige Sache. Ja, natürlich sind wir offen uns dem zu stellen. Von der Qualität her bekommen wir das auf jeden Fall hin. Aber das erfordert Maßnahmen, die wir bisher nicht ergreifen mussten: Doktorandenseminare einrichten, wir brauchen mehr Flächen um qualitativ hochwertig Doktoranden unterzubringen und zu betreuen. Die Kooperation mit den Berliner Universität läuft an, und die ersten Stellen gibt es bereits. Wie sich das dann weiter entwickelt wird sich zeigen. Sollte das nicht zufriedenstellend sein, dann werden wir uns der Herausforderung stellen, das Promotionsrecht auch selber ausüben zu können.

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