8000 seltene Erkrankungen gibt es. Ohne Expertenzugang warten Patienten oft jahrelang auf eine Diagnose.

Die ACHSE-Schirmherrin Eva Luise Köhler setzt sich seit Jahren für eine bessere Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen…

Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer seltenen chronischen Erkrankung. Diese auch als „Waisen der Medizin“ bekannten Leiden stellen Betroffene, Ärzte und Forscher häufig vor große Herausforderungen. Der Weg zur Diagnose ist oft langwierig, Zwar ist etwa jedes dritte Medikament, das in den letzten fünf Jahren auf den Markt kam, ein „Orphan Drug“, also eigens für die Behandlung einer seltenen Erkrankung entwickelt worden. Doch für die meisten Patienten sind Therapien nach wie vor nicht verfügbar.

Die, die es gibt, sind meist sehr kostspielig. Um auf die Nöte und Anliegen der Patienten aufmerksam zu machen, findet jedes Jahr am letzten Tag des Februars der „Rare Disease Day“ statt, der Tag der seltenen Erkrankungen. Aus diesem Anlass machte das „Tagesspiegel Fachforum Gesundheit“ die seltenen Erkrankungen zum Thema. Zentrale Frage: Wie können Patienten besser versorgt werden?

Für seltene Erkrankungen gibt es bislang kaum Medikamente

Diskutiert wurde auch, wie es um die Forschung auf diesem Gebiet steht. Zudem wurden Fragen erörtert wie: Was können Politik und Wirtschaft tun, damit Betroffene die bestmögliche Versorgung bekommen? Wie berechtigt sind die Preise für Therapie und Medikation? Eine Krankheit gilt in Deutschland als selten, wenn nicht mehr als einer von 2000 Menschen betroffen ist. 8000 seltene Erkrankungen sind inzwischen in der Medizin bekannt. Als „Orphan Drug“ sind 160 zugelassen – für die Behandlung von 130 dieser 8000 Krankheiten.

Als schwerwiegende Probleme bei der Versorgung von Betroffenen schätzten die Teilnehmer der Veranstaltung oft späte oder falsche Diagnosen ein, dazu mangelnde Therapiemöglichkeiten und zu hohe Behandlungskosten.

Eva Luise Köhler, Schirmherrin der „Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen“ (ACHSE) und Stiftungsratsvorsitzende der „Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen“, betonte im Fachforum, der Begriff „selten“ treffe im Grunde nicht mehr zu. Es gebe in Europa insgesamt 30 Millionen Betroffene, die Angehörigen nicht eingerechnet. In Mitleidenschaft gezogen würden sicher mehr als doppelt so viele Menschen. Alle hätten ähnliche Probleme, etwa dass es im Durchschnitt sieben Jahre dauere, bis eine zutreffende Diagnose gestellt werde.

Der 2018 verstorbene Schauspieler, Regisseur und Café-Einstein-Gründer Gerald Uhlig etwa erfuhr erst in seinem 50. Lebensjahr, dass seine vielfältigen Schmerzen und Organschäden von der seltenen Stoffwechselkrankheit „Morbus Fabry“ ausgelöst wurden. Endlich um die Ursache langen Leidens zu wissen, sei „extrem“ wichtig für die Betroffenen, sagte seine Tochter Geraldine Uhlig, die den genetischen Defekt geerbt hat und um Aufmerksamkeit für „die Seltenen“ wirbt.

Probieren und Improvisieren

Köhler ist in ihrer Zeit als First Lady der Bundesrepublik vielen Menschen mit seltenen Erkrankungen begegnet, hat sich aber auch schon davor eingehend mit dem Thema befasst. Sie zeigte größtes Verständnis für die Familien und ihre Belastung. Der Weg von Klinik zu Klinik sei „eine Reise Ungeduldiger“ – zumal, wenn es nach der Diagnose keine Heilung oder auch nur lindernde Behandlungen gebe. Denn Standardtherapien gibt es für die Mehrzahl der seltenen Erkrankungen nicht. Ärzte müssen allzu oft herumprobieren und improvisieren.

Die ACHSE-Schirmherrin wünschte sich insgesamt mehr öffentliche Wahrnehmung. Sie erhofft sich dadurch mehr Druck, die Geschwindigkeit der nötigen Veränderungen im Gesundheitssystem zu erhöhen. Dazu gehöre etwa die bislang noch zu schleppend verlaufende Einrichtung und Zertifizierung von Zentren, in denen Patienten mit seltenen Erkrankungen diagnostiziert und behandelt werden können. Immerhin aber finde sich das Thema im Koalitionsvertrag – so gesehen habe sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt.

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