Studien weisen darauf hin, dass die Einnahme von Medikamenten gegen Psychosen und Schizophrenie mit dem Schrumpfen bestimmter Hirnareale einhergeht.

Pillen für den Kopf. Psychopharmaka wie das gegen Schizophrenie eingesetzte Haloperidol stehen unter Verdacht, zum Verlust von…

Schizophrenie, Psychose – das sind immer noch Diagnosen, die beängstigen. Bedrohlich auf die Umwelt wirken dabei vor allem die „Positiv“-Symptome, in denen das eigene Erleben des Erkrankten von der allgemein anerkannten Realität abweicht. Auch wenn „Negativ“-Symptome wie Antriebsarmut, Niedergeschlagenheit und gedämpfte Emotionen die Betroffenen selbst oft direkter quälen. Gegen Symptome wie Verfolgungswahn oder das Hören von Stimmen, die vor allem zum Eindruck führen, dass Menschen verrückt geworden und „durchgeknallt“ sind, helfen Medikamente aus der Gruppe der Neuroleptika. „Es gibt Situationen, in denen sind sie lebensrettend. Und in vielen Fällen bilden sie schlicht die Voraussetzung dafür, dass Betroffene im Frieden mit ihren Nachbarn zu Hause leben können“, urteilt der Psychiater Andreas Heinz von der Berliner Charité.

Ärzte raten zur Vorsicht, aber nicht zum Absetzen

Doch wo viel Licht ist, ist auch in diesem Fall einiger Schatten. 2014 schreckte eine Langzeitbeobachtung, bekannt geworden als Chicago-Studie, die Fachwelt auf. Im Verlauf von 20 Jahren ging es dort denjenigen Patienten, die die Mittel nur ein Jahr lang nahmen, im Schnitt deutlich besser als anderen, die ihre Antipsychotika länger einnahmen. Das galt auch, wenn sie ihre Pillen gegen ärztlichen Rat nicht mehr nahmen.

Allerdings handelte es sich in dieser Studie durchweg um Erkrankte mit besonders guter Prognose. Ein Ratschlag an alle Betroffenen, ihre Medikamente möglichst schnell abzusetzen, lässt sich aus ihr also keinesfalls ableiten.

Doch es gibt Anlass zu einer grundsätzlichen Sorge, plakativ zusammengefasst in der Frage: Lassen Psychopharmaka das Gehirn schrumpfen? Volkmar Aderhold von der Greifswalder Uniklinik, Stefan Weinmann vom Vivantes-Klinikum am Urban in Berlin, Claudia Hägele und Andreas Heinz von der Charité sind dieser Frage kürzlich mit einer Auswertung aller einschlägigen Studien nachgegangen. Das Ergebnis wurde unter dem Titel „Frontale Hirnvolumenminderung durch Antipsychotika?“ kürzlich in der Fachzeitschrift „Der Nervenarzt“ veröffentlicht.

Weniger graue Substanz nach Haloperidol-Therapie

Tatsächlich zeigte sich in fünf von acht Studien mit älteren Neuroleptika der ersten Generation, zu denen etwa der Wirkstoff Haloperidol gehört, eine deutliche Abnahme der grauen Substanz des Stirnhirns und der Dicke der Hirnrinde, und zwar in Abhängigkeit von der Dosis, in der die Mittel eingenommen wurden.

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Noch mehr beunruhigte die Forscher, dass auch in vier von acht Untersuchungen mit Neuroleptika der zweiten Generation, zu denen die Wirkstoffe Risperidon, Clozapin oder Olanzapin gehören, ein vermindertes Hirnvolumen auffiel. Diese Mittel erweitern seit rund 20 Jahren die Behandlungsmöglichkeiten und stellen einen deutlichen Fortschritt dar, denn sie ersparen den Patienten gefürchtete Langzeitfolgen wie dauerhafte Bewegungsstörungen. Zudem bestand anfangs die Hoffnung, dass sie sogar zu einer Zunahme des Hirnvolumens führen.

Die Autoren betonen, dass ihre Befunde „nicht eindeutig“ sind und man aus ihnen nicht auf eine ursächliche Beziehung schließen darf. Die Auffälligkeiten könnten durchaus eine Folge der Erkrankung selbst und nicht der Medikamente sein. Und es sei möglich, dass die höheren Dosierungen, die mit einem Schrumpfen bestimmter Hirnareale einhergingen, von vorneherein der Schwere der Krankheit wegen zum Einsatz kamen.

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