Die Affäre um Amazon-Chef Jeff Bezos hat das Potenzial für einen der unfassbarsten Skandale in der Geschichte Amerikas.

Seit Bezos (55) dem Klatschblatt „National Enquirer” vorwarf, ihn mit Fotos seiner Genitalien zu erpressen und andeutete, dass das Weiße Haus und das Königshaus von Saudi Arabien involviert sein könnten, reißen die Spekulationen nicht ab.

► Die Fragen im Mittelpunkt: Könnten der US-Präsident oder der Horror-Prinz aus Riad indirekt mit dem Durchsickern von Bezos’ sogenannten „Dick Pics” (Penis-Bilder) zu tun haben? Oder ist der Amazon-Boss schlicht über sein bestes Stück gestolpert und versucht nun, sein Image mit einer Verschwörungstheorie zu retten?

Die Amerikaner warten auf Beweise. Doch viele von ihnen haben längst Partei ergriffen.

▶︎ Für die einen ist Bezos der neue Held, der Privatsphäre, Pressefreiheit und den sauberen Journalismus verteidigt.

▶︎ Für die anderen ist er der Chef eines undemokratischen Konzern-Monsters, der seine Milliarden einsetzt, um die Öffentlichkeit zu manipulieren und sich an einem US-Magazin zu rächen, das ohnehin vor der Pleite steht.

Chronologie eines Affären-Krimis

Nochmal zur Erinnerung: Seit Anfang Januar tauchen nahezu täglich neue Details rund um den Fall des Amazon-Chefs auf.

► Am 6. Januar wird Jeff Bezos laut „New York Post” nach den „Golden Globes“ im Beverly Hills Hotel in L.A. mit der Ex-TV-Moderatorin Lauren Sanchez (49) gesehen.

► Drei Tage später gibt der Multimilliardär via Twitter die Trennung von seiner Frau MacKenzie bekannt. Sie ist nicht nur die Mutter seiner vier Kinder, sondern hat ihm auch geholfen, Amazon aufzubauen.

Alles klingt nach einer freundschaftlichen Entscheidung. „Hätten wir gewusst, dass wir uns nach 25 Jahren trennen, würden wir alles wieder so machen”, heißt es in dem Statement. Doch es wird umgehend spekuliert: Hat er eine Neue?

► Nur Stunden später enthüllt das US-Magazin „National Enquirer”: Bezos und Sanchez haben seit acht Monaten eine Beziehung!

Brisant: Ihr Ehemann Hollywood-Agent Patrick Whitesell (vertritt Stars wie Matt Damon, Christian Bale oder Hugh Jackman) hatte sie einander vorgestellt. Und: Beide Ehepaare gingen mehrfach gemeinsam aus.

Der „Enquirer” liefert Beweise: Heiße Text-Messages, die Bezos im April 2018 an Sanchez schickte. „Ich will dich riechen, dich einatmen”, lautet eine. Eine andere: „Ich liebe dich (…). Ich werde es dir mit meinem Körper zeigen, meinen Lippen, meinen Augen. Bald.”

► 15. Januar: Das Magazin „People” berichtet, dass Lauren Sanchez in bester Laune wieder in ihrer Firma „Black Ops Aviation” aufgetaucht ist – einem Unternehmen, das Luftaufnahmen für Hollywood-Filme macht.

Aber: Bezos und sie sind seit Bekanntwerden der Affäre nicht mehr zusammen gesehen worden. Amerika wundert sich: Sind die beiden noch ein Liebes-Paar?

► 31. Januar: Die Webseite „Daily Beast” schreibt, dass Jeff Bezos den Sicherheitsexperten Gavin de Becker (64) beauftragt hat, den Maulwurf zu finden, der seine Text-Messages an das Klatschblatt geleitet hat. Er sagt ihm: Geld spielt keine Rolle.

Bezos‘ Sicherheitsexperte sieht „politische Motive“

De Becker, der Berater des Justiz-Ministeriums von Ronald Reagan war, hat den Spitznamen „Bodyguard der Stars”. Er arbeitete unter anderem für Madonna, Cher, Michelle Pfeiffer, John Travolta, O.J. Simpson oder auch Bill Cosby.

Er hat schnell einen Verdächtigen: Sanchez’ Bruder Michael – ein Trump-Anhänger, der den Präsidenten auf Twitter feiert und seine Kritiker als „Fake News” beschimpft. Er soll nur Tage nach Erscheinen der Text-Messages mit Trumps altem Politikberater Roger Stone gesehen worden sein.

De Becker orakelt: „Es gibt Hinweise auf politische Motive.”

► 5. Februar: Jeffs Bezos’ Zeitung „Washington Post” wird in den Skandal gezogen. Das Blatt fragt über das Aufdecken der Affäre: „War es nur schmutziger Klatsch oder ein politischer Mordversuch?“

Die Zeitung interviewt Lauren Sanchez’ Bruder. Dessen Aussagen sind wirr. Er streitet ab, der Maulwurf gewesen zu sein. Er habe nur die Beziehung seiner Schwester zu Bezos schützen wollen. Er gibt aber auch an, Kontakte zum „Enquirer” zu haben. Mitarbeiter des AMI-Verlages hätten ihm anvertraut, das Heft wolle jemanden „zerlegen, um Trump glücklich zu machen”.

Sanchez faselt zudem von „ausländischen Regierungen” und „rivalisierenden Tech-Firmen”. Und er bezichtigt Bezos’ Sicherheits-Experten der Lüge!

Bezos bringt Donald Trump und Saudi-Prinz ins Spiel

► 7. Februar: Jeff Bezos postet auf der Webseite „Medium” einen langen Blog. Es ist erstmals die Rede von den „Dick Pics”, Fotos von Bezos’ bestem Stück, mit denen das Klatschblatt ihn angeblich erpressen wolle.

„Natürlich will ich nicht, das persönliche Fotos veröffentlicht werden”, schreibt Bezos über den „Enquirer“. „Aber ich werde mich auch nicht an ihrer bekannten Praxis von Erpressung, politischen Gefälligkeiten, politischen Angriffen und Korruption beteiligen.”

Bezos macht noch eine explosive Andeutung. Sein Kauf der „Washington Post” habe ihn „komplexer” gemacht. „Es ist unvermeidlich, dass bestimmte mächtige Personen, über die die Post berichtet, fälschlich folgern, dass ich ihr Feind bin”, schreibt er. „Präsident Trump ist einer dieser Leute. Auch die unnachgiebige Berichterstattung der Post über die Ermordung ihres Kolumnisten Jamal Khashoggi ist zweifellos in gewissen Kreisen unbeliebt.“

Bezos erwähnt zudem, dass der Vorstand von „American Media“ David Pecker Kontakte zur Regierung Saudi Arabiens und zu Präsident Trump habe, für den er einige Skandale unter den Tisch gekehrt habe. Trump habe Pecker zum Dank zu einem Dinner ins Weißen Haus eingeladen, zu dem er einen Gast mit engen Verbindungen zum Palast in Riad mitgebracht hatte.

Seither ist mehr als eine Woche vergangen. Doch der Amazon-Chef hat bislang keine handfesten Beweise dafür vorgelegt, dass Trump und/oder die Scheichs eine Rolle bei der Aufdeckung seiner Affäre gespielt haben.

▶︎ Stattdessen heißt es, auch Bezos’ Freundin Lauren Sanchez soll intime Fotos geteilt haben – mit ihren Freundinnen.

Trump und Saudis weisen jegliche Komplizenschaft von sich

Der US-Präsident versicherte derweil, dass er von der monatelangen „Recherche” des „Enquirer” nichts wusste. Der saudische Außenminister nannte die Andeutung und die Affäre eine „Seifenoper”.

Doch Bezos schaffte es, dass sowohl die Versuche von AMI, einen Draht nach Riad aufzubauen als auch der Klüngel mit Trump an die Öffentlichkeit gespült wurden.

Viele Trump-Gegner jubeln Bezos zu. „CNN”-Reporter Brian Stelter meinte gar: „Er hat gerade die erste Zeile in seinem Nachruf geändert – vom Silicon Valley Milliardär zum Verteidiger des 1. Artikels der US-Verfassung.”

Der linke Flügel der Demokraten traut Bezos freilich genauso wenig wie die Trump-Basis. 
So urteilte das Magazin „The New Republic”: „Bezos ist kein Held. Er ist nicht durch sein bürgerliches Engagement zum reichsten Mann der Welt geworden. Im Gegenteil. Bei seinem Ausbau von Amazon zu einer Milliarden-Firma hat er oft gegen die Interessen der Öffentlichkeit gearbeitet.”

Er habe die „Washington Post” aus strategischen Gründen gekauft, um mehr Macht und Einfluss in Washington zu haben.

Passend dazu kam gestern heraus, dass Amazon nun doch kein zweites Hauptquartier in New York City bauen wird. Grund: Proteste, weil die Stadt dem Konzern drei Milliarden Dollar Steuervergünstigungen versprochen hatte. Nicht nur das: Anwohner fürchteten, dass die Mieten um das geplante Hauptquartier explodieren würden.

Und so attackierte die „New York Times” gestern Bezos’ Unternehmen: „Die Geschenk-Pakete der Stadt sind eine Belastung für die Steuerzahler. Andere Städte sollten New Yorks Beispiel folgen.”

Der Krimi um die Affäre des reichsten Mannes der Welt ist also längst zum Krimi um sein Image geworden. Wie Jeff Bezos wirklich tickt, bleibt weiter offen.

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