Facebook hat vor wenigen Tagen ein Konzept für die neue globale Digitalwährung Libra vorgestellt. Inzwischen haben sich Experten das Konzept genauer angeschaut, sodass nun wichtige Fragen zu Libra beantwortet werden können – bis hin zu möglichen Gefahren für das Finanzsystem und die Daten von Millionen Kunden.

Fakt ist: Mark Zuckerberg holt wieder zum großen Schlag aus, dieses Mal gegen das klassische Bankgeschäft. Was hat der Facebook-Boss genau vor? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wann wird Libra starten?

Der offizielle Start ist in der ersten Jahreshälfte 2020 vorgesehen. Aber selbst Facebook-Manager räumen inzwischen ein, dass bis dahin noch viele regulatorische und rechtliche Fragen geklärt sein müssen. Das alte Facebook-Motto „Move fast and break things“ (Sei schnell und breche Regeln und Etabliertes) führt hier nicht zum Ziel.

Wie kann Libra genutzt werden?

Wie bei anderen Kryptowährungen auch, benötigt man eine digitale Geldbörse („Wallet“). Facebook wird mit „Calibra“ eine eigene Wallet herausbringen. Sie wird als eigenständige App funktionieren, aber auch in WhatsApp und den Facebook Messenger integriert werden. Die Anwender können Libra mit klassischen Währungen wie Dollar, Euro oder Yen bei autorisierten Tauschbörsen kaufen – und auch wieder zurück.

Welchen Vorteil haben Anwender überhaupt, wenn sie Libra einsetzen?

In der ersten Phase richtet sich Libra vor allem an Menschen, die über Ländergrenzen hinweg Geld überweisen wollen und dafür bislang im klassischen Finanzsystem horrende Gebühren bezahlen. Ein anderes Anwendungsszenario ist die schnelle Überweisung von Geld unter Freunden, etwa beim Aufteilen einer Restaurant-Rechnung.

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Ist Libra überhaupt eine „Facebook-Währung“?

Facebook hat das Konzept vorangetrieben und die erste Phase der Entwicklungsarbeiten finanziert. Verantwortlich für Libra wird aber eigenes Konsortium sein, die Libra Association. Dem Verein gehören 28 Unternehmen aus der Tech- und Finanzbranche an, darunter Uber, Paypal, Visa, Masterdard, Vodafone und Spotify. Mit dabei sind aber auch gemeinnützige Unternehmen wie Kiva. Die Organisation aus den USA organisiert die Vergabe von Mikrokrediten in Entwicklungsländern.

Bekommt Facebook mit Libra Einblick in die Finanztransaktionen?

Facebook bekommt tatsächlich mit, wenn über Calibra, WhatsApp oder den Messenger Geld übertragen wird. Das Netzwerk verspricht allerdings, die Finanzinformationen seiner Nutzer getrennt zu halten und auch nicht für eine gezielte Werbung zu nutzen.

Und das soll man Facebook glauben?

An der Aussage wird tatsächlich öffentlich gezweifelt. So warnte der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ulrich Kelber, vor Libra. „Ein Konzern, der über solch riesige Datenmengen verfügt, sollte nicht noch über Details unseres Zahlungsverhaltens verfügen“, sagte Kelber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Facebook habe zwar versprochen, die Transaktionsdaten nicht mit anderen Daten zusammenzufassen. Aber: „Wenn wir vom Wohlwollen Facebooks abhängig sind, würde ich davon abraten, darauf zu vertrauen“, sagte Kelber. Schon bei der Zusammenlegung von Facebook und Whatsapp habe sich das Unternehmen nicht an seine Zusagen gehalten.

Wie sehen Datenschützer auf EU-Ebene das?

Der EU-Datenschutzbeauftragten Giovanni Buttarelli hat bereits angekündigt, er wolle Libra „sorgfältig prüfen“ lassen. „Jede Zusammenführung personenbezogener Daten birgt jedoch zusätzliche Risiken für die Rechte und Freiheiten der Bürger“, sagte Buttarelli „Business Insider“. Es sei „sehr bedenklich, wenn ein Unternehmen, das Zugang zu riesigen Mengen an personenbezogenen Daten hat, die über seine Social-Media-Plattformen und Kommunikationsdienste gesammelt werden, in der Lage wäre, diese Informationen mit der Verfolgung digitaler Online-Käufe zu kombinieren“.

Und was meinen die klassischen Banken?

Bislang halten sich die großen Banken mit öffentlichen Stellungnahmen zurück. Aber es gibt auch Finanzexperten, die jetzt schon Klartext sprechen und den Vorstoß zu einer digitalen Weltwährung massiv kritisieren: „Facebook hat natürlich noch ein anderes Ansinnen“, meint Robert Halver von der Baader-Bank. „Wenn man von Milliarden Kunden Daten bekommt, wie sie im Internet unterwegs sind, wofür sie Geld ausgeben, Kredite aufnehmen usw., dann ist die Datenkrake, die wir bis jetzt haben, nur ein kleines Schmusetier.“

Was halten Europas Währungshüter von sogenannten Krypto-Währungen?

Schon zum Bitcoin-Hype hatten Notenbanker eine klare Meinung: Eine richtige Währung seien solche Krypto-Token nicht, es fehle die Kontrolle durch eine Zentralbank oder einen Staat, sagte etwa EZB-Präsident Mario Draghi. Indes sei die dahinter stehende Blockchain-Technologie „recht vielversprechend“, weil sie etwa erlaube, Rechnungen direkt nach Erhalt automatisch zu begleichen. Etliche Notenbanken experimentieren mit Blockchain – auch die Deutsche Bundesbank.

Und was meint das einflussreiche Financial Stablity Board (FSB)?

Der Finanzstabilitätsrat FSB meint, eine breitere Verwendung neuer Arten von Krypto-Assets für den Massenzahlungsverkehr würde eine genaue Prüfung durch die Behörden erfordern, um sicherzustellen, dass sie hohen Regulierungsstandards unterliegen. „Das FSB und die Normenorganisationen werden die Risiken sehr genau und koordiniert überwachen und bei Bedarf zusätzliche multilaterale Maßnahmen in Betracht ziehen.“ Mit der FSB-Stellungnahme haben sich wohl die Hoffnungen von Facebook erledigt, Libra werde nur sanft reguliert.

Was unterscheidet Libra von der Kryptowährung Bitcoin?

Bitcoin und Libra unterscheiden sich in mehreren Punkten zentral. Zum einen wird Libra an einen Korb von etablierten Währungen wie US-Dollar, Euro und Yen gekoppelt und durch kurzfristige Staatsanleihen abgesichert. Dadurch werden massive Kursschwankungen wie bei Bitcoin vermieden („Stable Coin“). Libra benutzt außerdem im engeren Sinne keine Blockchain, sondern ein anderes System der verteilten Kassenbücher („Distributed Ledger Technology“. Damit verbraucht Libra nur einen Bruchteil der Energie, die beim „Schürfen“ der Bitcoins aufgewendet werden muss.

Wenn Libra vergleichsweise stabil sein wird, warum kritisiert die Bundesbank das Konzept trotzdem?

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist der Ansicht, dass auch weniger schwankungsanfällige Krypto-Währungen für Verbraucher ein Risiko darstellen: „Insbesondere stellt sich die Frage, wie der Wert von Stable Coins garantiert werden kann.“ Sollten Stable Coins in großem Stil Verwendung finden, könnten sie die Einlagenbildung und das Geschäftsmodell der traditionellen Banken untergraben, warnt Weidmann. Das wiederum könnte deren Zahlungsverkehrsgeschäft und Prozesse an den Finanzmärkten stören.

Kann Libra von Kriminellen missbraucht werden?

Ja, zumindest sieht Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling diese Gefahr: „Zum Beispiel dürfen solche Plattformen nicht ein neuer Marktplatz werden, um Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu tätigen“, warnte Wuermeling in einem „FAS“-Interview. Nach Einschätzung von Bafin-Präsident Felix Hufeld wären Politik, Aufseher und Notenbanken in verschiedensten Bereichen – von der Währungspolitik bis zur Geldwäsche – gefordert, sollte Libra sich durchsetzen. Ganz grundsätzlich stelle sich die Frage: „Wie kann man die staatliche Kontrollfähigkeit in der digitalen Welt gewährleisten?“, sagt Hufeld.

Geht die Bedeutung von Libra über die Finanzwelt hinaus?

Ja, das ist durchaus möglich. So stehen in dem Whitepaper zwei kurze Sätze, die darauf hinweisen, dass die Ambitionen des Projekts noch weiter gehen, als Milliarden von Menschen in das globale Finanzsystem zu bringen. „Ein weiteres Ziel der (Libra-)Assoziation ist die Entwicklung und Förderung eines offenen Identitätsstandards. Wir glauben, dass eine dezentrale und tragbare digitale Identität eine Voraussetzung für finanzielle Integration und Wettbewerb ist.“ Mit 2,4 Milliarden Nutzern weltweit könnte Facebook dort erfolgreich sein, wo andere bei der Einführung einer weltweit akzeptierten digitalen ID versagt haben.

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