Quelle: Reuters
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Volkswagen wird den Schatten der Diesel-Vergangenheit nicht los – und muss sich gleichzeitig für die Zukunft aufstellen.

Auf der Hauptversammlung in Berlin gab sich die Konzernspitze selbstbewusst, der Vorstandsvorsitzende Herbert Diess legte starke Geschäftszahlen für 2018 vor:

► 10,8 Millionen Fahrzeuge hat der Konzern ausgeliefert

► 2,7 Prozent Umsatzsteigerung auf 236 Milliarden Euro

► 12,2 Milliarden Euro Konzernergebnis nach Steuern, 7,3 Prozent Rendite – das ist laut Diess am „oberen Ende des Zielkorridors“

► 4,80 Euro Dividende wird VW je Stammaktie ausschütten – insgesamt 2,4 Milliarden Euro

Ausdruck findet die Zufriedenheit auch durchaus in den Bezügen der Vorstände – die bekamen 2018 laut Aufsichtsrats-Chef Hans Dieter Pötsch zusammen 50,3 Millionen Euro!

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Volkswagen-Boss Diess: „Die Zukunftsaussichten des Konzerns sind gut. Das Auto erlebt einen fundamentalen Wandel.“ Elektromobilität und Digitalisierung würden das Produkt technologisch noch anspruchsvoller, aber auch sauberer, sicherer und komfortabler machen.

Aktionäre sparten nicht mit Kritik, auch wenn VW mit seinen Geschäftszahlen in der aktuellen Branchenflaute und angesichts der milliardenschweren Herausforderungen noch vergleichsweise gut dasteht. „Volkswagen ist weiter getrieben durch die Justiz“, kritisierte Fondsmanager Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka, die auch Musterklägerin im Anlegerverfahren um eine angeblich zu späte Information des Kapitalmarkts ist.

Zahlreiche weitere Anleger kritisierten unter anderem die Besetzung des Aufsichtsrates und die in ihren Augen zu geringen Dividendenaufschläge für die Vorzugsaktionäre, die im Gegenzug für den Verzicht auf ihr Stimmrecht mehr Ausschüttung sehen wollen. Sowohl die Deka als auch die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS wollten Vorstand und Aufsichtsrat mit nur punktuellen Ausnahmen nicht entlasten.

Diess: „Großen Ballast können wir uns auf Dauer nicht leisten“

Aber auch Diess warnte: Volkswagen kämpfe weiter mit schwerfälligen Strukturen, komplexen Prozessen und hohen Kosten. „Hier gibt es viel zu tun. Großen Ballast können wir uns auf Dauer nicht leisten.“ Deshalb mache er persönlich Tempo bei der Transformationen des Unternehmens. 2019 werde dafür ein entscheidendes Jahr.

Volkswagen will die Kosten bis 2023 um weitere knapp sechs Milliarden Euro drücken, um die Rendite zu steigern und die enormen Investitionen in die Elektromobilität zu stemmen. In der Verwaltung sollen bis zu 7000 Stellen durch Altersteilzeit wegfallen. Gleichzeitig soll die Produktivität der Werke weiter gesteigert werden. Die Pläne, Tausende Stellen zu streichen, hatten jedoch auf Arbeitnehmerseite deutliche Kritik heraufbeschworen.

Volkswagen-Betriebsratschef Bernd Osterloh erwartet eine baldige Einigung mit der Geschäftsleitung über das vom Management geplante Sparprogramm. Die Gespräche liefen gut, erklärte Osterloh in einem Brief an die Belegschaft. „Ich bin überzeugt, dass wir hier noch im Mai ein Ergebnis vermelden können“, fügte er hinzu.

Diesel-Affäre: Bekenntnis zur Verantwortung

Aufsichtsrats-Chef Pötsch sagte zum aktuellen Stand der Diesel-Verfahren gegen die Konzern-Gesellschaften: „Trotz der massiven finanziellen Auswirkungen war es im Interesse des Volkswagen-Konzerns, die Bußgelder zu akzeptieren und keine Rechtsmittel einzulegen. Auf diese Weise bekennt sich VW zu seiner Verantwortung.“

Dennoch steht der weltgrößte Autobauer weiter unter Beschuss von vielen Seiten. Noch immer halten die Ermittlungen und Rechtsverfahren um die Diesel-Affäre die Wolfsburger in Atem, erst jüngst stieg mit neuen Milliardenkosten die Rechnung für den im September 2015 aufgeflogenen Dieselskandal auf 30 Milliarden Euro.

Die Aufarbeitung der Diesel-Affäre ist ein rechtliches Mammut-Projekt. 250 Millionen Dokumente müssen gesichtet und ausgewertet werden. Zahlreiche Wirtschaftskanzleien und Prüfungsgesellschaften mit Hunderten Experten sind laut Pötsch am Werk.

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Was wussten die Konzern-Vorstände?

Die Frage, was Konzernvorstände von der Manipulation der Abgastests wussten, bleibt entscheidend. Zuletzt klagte die Staatsanwaltschaft Braunschweig den langjährigen Konzernchef Martin Winterkorn und weitere Führungskräfte wegen schweren Betrugs an. Volkswagen lässt durchklingen, dass man die Ansicht der Ermittlungsbehörden nicht teilt.

Die Anklage erhält laut Pötsch „rechtliche Würdigungen und Schlussfolgerungen, die über die Ergebnisse der VW-internen Ermittlungen hinausgehen“.

Rund 60 000 Einzelklagen wegen Diesel sind in Deutschland gegen den Konzern anhängig, Anleger werfen der Konzernspitze in einem milliardenschweren Verfahren eine zu späte Information zu den Ausmaßen des Skandals vor. Die vor drei Jahren eingefrorenen Boni für damalige Vorstandsmitglieder zahlt der Konzern in diesem Mai aus, weil der Aktienkurs sich erholt hatte.

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Batteriezellfertigung und Börsengang der Lkw-Sparte

Wie Volkswagen bereits am Montagabend mitteilte, stecken die Wolfsburger nun auch als erster deutsche Hersteller knapp eine Milliarde Euro in den Aufbau einer Batteriezellfertigung.

Die Arbeitnehmer bekommen die lange geforderte Batteriezellfertigung, in Salzgitter will der Konzern dafür knapp eine Milliarde Euro investieren, wie das Unternehmen am Montagabend mitteilte. Zudem macht VW beim lange angepeilten Börsengang der Lkw-Sparte Traton nun doch ernst und will diesen vor der Sommerpause in trockene Tücher bringen – wenn die Bedingungen am Finanzmarkt stimmen.

Die Marktbedingungen hatten Diess und Lkw-Chef Renschler erst vor rund zwei Monaten einen Strich durch die Rechnung gemacht – Investoren waren enttäuscht, dass es nun doch wieder nicht klappen sollte. VW könnte früheren Medienberichten zufolge bis zu einem Viertel von Traton an die Börse bringen und damit rund sechs Milliarden Euro erlösen.

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