Mehr als eine Million Menschen arbeiten in Deutschland als Zeitarbeiter – und klagen immer häufiger über Ungerechtigkeiten und Ausbeutungen.

Experten halten sie für Arbeiter zweiter Klasse und kritisieren: „Das ist ein schlecht bezahltes Beschäftigungsverhältnis mit einem hohen Risiko und ohne Chance auf bessere Verhältnisse“, sagt Professor Klaus Dörre von der Universität Jena.

Am Mittwochabend beleuchtete eine ZDF-„Zoom“-Doku die Problematik etwas genauer. Das Thema: „Die dunkle Seite der Zeitarbeit!“

Das Grundproblem

Befürworter der Leiharbeit glauben, Unternehmen und Beschäftigte seien flexibler. Teilweise stimmt das auch!

Ein Zeitarbeiter erklärt: „Ich habe die Möglichkeit mir das Unternehmen anzuschauen, das Unternehmen hat aber auch die Chance mich anzuschauen. So habe ich einen schnelleren Weg, die Firma zu finden, die zu mir passt.“

Manuela Schwarz, Chefin eines Leiharbeitsunternehmens und Mitglied im Vorstand des Interessensverbandes der Zeitarbeitsbranche, sieht das ähnlich. Sie sagt aber auch: „Ganz persönlich würde ich mir wünschen, dass die Eingangshürde, um ein Unternehmen in der Zeitarbeit zu gründen, hochgesetzt wird.“

In der Tat kann in Deutschland jeder ein Zeitarbeitsunternehmen gründen – ohne Fachkenntnisse.

Auch das führt dazu, dass bei mehr als 52  000 Verleihbetrieben nicht alle mit sauberen Mitteln arbeiten. Insider berichten, dass Mitarbeiter systematisch über den Tisch gezogen werden. Vor allem Ausländer seien beliebte Arbeitskräfte. Weil sie schnelles Geld bräuchten und nicht alle Rechte verstehen bzw. hinterfragen würden.

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Das Lohnproblem

Immer wieder dreht sich die Debatte über die Zeitarbeit um eine gerechte Bezahlung. Eigentlich sollte die längst geregelt sein: 2017 beschloss der Gesetzgeber das sogenannte „Equal Pay“. Heißt: Nach neun Monaten sollen Zeitarbeiter den gleichen Lohn erhalten wie Festbeschäftigte.

Die Regel existiert aber nur auf dem Papier. Der Soziologe Prof. Dörre forscht seit Jahren zu prekären Arbeitsverhältnissen, hält jeden zehnten Betrieb für auffällig. Er sagt: „Vergütungen für Stammbeschäftigte werden häufig nicht für Leiharbeiter gezahlt. Das ist sozusagen Usus, dass die Urlaubsgeld oder eine Prämie nicht bekommen.“

Schlimmer noch: Tatsächlich versuchen zahlreiche Leiharbeitsfirmen „Equal Pay“ einfach auszuhebeln. So berichten alle Insider aus der ZDF-Doku, dass die Leiharbeiter meist vor Ablauf der neun Monate in ein anderes Unternehmen versetzt wurden.

Das Trickproblem

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Für Kopfschütteln sorgt aber auch ein anderes Phänomen. Brigitte Langguth von der IG Metall Osnabrück erklärt: „Es kommt regelmäßig vor, dass Kollegen Blankoscheine unterschreiben sollen.“

Nach eingehender Recherche scheint auch diese Masche Normalität zu sein: Zeitarbeitsfirmen bitten ihre Arbeiter darum, Blanko-Urlaubsanträge oder -Krankenscheine zu unterschreiben, um später flexibel damit umgehen zu können.

Der ungeheure Vorwurf eines Insiders: Seine Firma habe für einen Leiharbeiter nach dessen Krankmeldung einfach einen Urlaubsschein ausgefüllt. So hätte sich das Unternehmen das Krankengeld gespart.

Das Kontrollproblem

Auch aufgrund solcher Tricksereien wird der Ruf nach härteren Kontrollen laut. Das Problem: Der Zoll, der lediglich die Betriebe, bei denen Leiharbeiter eingesetzt werden, prüft, kann Fälle nur zur Anzeige bringen, wenn sie ihm selbst gemeldet werden.

Für die Kontrolle der Leiharbeitsfirmen ist die Bundesagentur für Arbeit zuständig. Aus einer Regierungsanfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke geht allerdings hervor: Die Agentur kämpft vor allem mit Personalproblemen.

Hintergrund: Die Anfrage ergab, dass es 85 Planstellen für Kontrolleure gebe. Müller-Gemmeke: „Ich habe mal ausgerechnet: auf einen Prüfer fallen 615 Verleihbetriebe und rund 12 000 Leiharbeitskräfte. Das ist natürlich eine Riesenzahl, die da geprüft werden soll. Mich wundert’s nicht, dass nachher gerade mal zehn Prozent der Leiharbeitsfirmen geprüft werden können. Das heißt, alle zehn Jahre schaut mal jemand vorbei.“

Für härtere Kontrollen müssten also erst einmal die Gesetze geändert werden. Das Arbeitsministerium hält die Kontrollen allerdings für ausreichend. Eine Regelungslücke gebe es nicht.

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