Markus Weinzierl darf vorerst beim VfB Stuttgart bleiben. Stattdessen muss einen Tag nach dem Bekenntnis zum Trainer der Sportvorstand Michael Reschke gehen. Der abstiegsbedrohte Bundesligist steht mal wieder vor einem Neuanfang – und vertraut einem Stuttgarter Ex-Profi.

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Stuttgart (dpa) – Schnell warf Thomas Hitzlsperger noch einen Blick auf seinen Zettel. Mit leicht gerunzelter Stirn überprüfte der frühere Fußball-Nationalspieler, ob er bei seiner Vorstellung als neuer Sportvorstand des Krisenclubs VfB Stuttgart nichts von seinen vorbereiten Worten vergessen hatte.

Als beim schwäbischen Bundesligisten angesehener Fachmann, aber Neuling in dieser Verantwortung soll der 36-Jährige als Nachfolger von Michael Reschke zum Retter im Abstiegskampf werden. «Wenn ich nicht mit Optimismus hier sitzen würde, wäre ich fehl am Platz. Es kann nur ein Ziel geben, das ist der Liga-Erhalt», sagte Hitzlsperger am Dienstag im Keller des VfB-Clubzentrums – und gönnte sich einen Schluck Wasser.

Rund ein halbes Dutzend Fernsehkameras waren auf den früheren VfB-Profi und deutschen Meister von 2007 gerichtet, etliche Kameras klickten, als Hitzlsperger auch von seinem großen Respekt vor der Aufgabe sprach. Ein erneuter Absturz in die Zweitklassigkeit wäre für den VfB ein Debakel. Sein Vertrag gilt für dreieinhalb Jahre bis zum Sommer 2022. «Wir haben keinen Feuerwehrmann geholt, sondern jemanden, der den Verein langfristig entwickeln kann», sagte VfB-Präsident Wolfgang Dietrich.

Inmitten der unruhigen Zeiten beim baden-württembergischen Traditionsverein kam der Aufsichtsrat des VfB zu einer Entscheidung, mit der nicht unbedingt zu rechnen war. Nach dem desolaten 0:3 bei Fortuna Düsseldorf am Sonntag, einem auch für Dietrich unerklärlich schwachen Auftritt, war vor allem über eine Ablösung von Trainer Markus Weinzierl spekuliert worden. Am Montag hatte Reschke in seiner Funktion als Sportvorstand noch erklärt, dass Weinzierl in jedem Fall bis zur schwierigen Aufgabe am Samstag gegen den Tabellenvierten RB Leipzig weitermachen werde.

Nachfolger Hitzlsperger vermied nun ein klares Bekenntnis zu Weinzierl – etwa bis zum Saisonende. «Ich werde den Teufel tun», sagte der 52-fache Nationalspieler. «Ich kann gar keinen Zeitpunkt nennen. Ich werde alles tun, solange, wie ich spüre, dass es sinnvoll ist und das geht hoffentlich eine lange Zeit.» Hitzlsperger sicherte dem Trainer seine Unterstützung zu und wird in Zukunft bei den Spielen mit auf der Bank sitzen. «Wir sprechen im wahrsten Sinne des Wortes die gleiche Sprache», sagte er. «Mein Draht zu Markus ist wirklich sehr, sehr gut.» Die weitreichenden Probleme der Schwaben auf dem Platz werden auch mit ihm kaum schnell zu überwinden sein.

In blauer Jeans, blauem Pulli und blauen Turnschuhen strahlte der ehemalige Bundesliga-Profi des VfB und des VfL Wolfsburg Vorfreude und vorsichtigen Optimismus aus. Nach einer Nacht Bedenkzeit hatte er die Aufgabe angenommen, bisher war er Nachwuchschef und Mitglied im Präsidium gewesen. Das Rampenlicht ist er aus seiner Funktion als Fernsehexperte der ARD gewohnt, mit dem Sender will er bald entscheiden, wie es in seiner neuen Funktion weitergehen kann.

Das Ende der Zusammenarbeit mit Reschke habe der Aufsichtsrat am Montagabend einstimmig beschlossen, erklärte Dietrich. Diese Variante sei kein «plötzlicher Sinneswandel», sondern auch mit Reschke schon seit längerem besprochen worden.

Der frühere Kaderplaner des FC Bayern scheiterte nach rund 18 Monaten in Stuttgart an seinen misslungenen Transfers. Mit großen Erwartungen waren die Schwaben in die Saison gestartet und müssen nun in den verbleibenden 13 Spieltagen und mit bislang nur 15 Zählern zumindest den direkten Abstieg vermeiden. Unmut und Kritik zog er insbesondere auf sich, als er im Oktober Weinzierls Vorgänger Tayfun Korkut beurlaubte, nachdem er ihm nur Stunden zuvor in aller Deutlichkeit den Rücken gestärkt hatte und damit an Glaubwürdigkeit verlor. «Der Aufsichtsrat war nicht mehr überzeugt davon, dass in der bestehenden Konstellation die notwendigen Kurskorrekturen vorgenommen werden können», sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Dietrich.

Hitzlsperger verabschiedete sich nach seiner Vorstellung mit den Worten, sich noch heute in die Arbeit zu stürzen – und rückte auf dem kleinen Podium im Presseraum noch die Stühle gerade.

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