Die ersten Stadien sind fertig, auch die neue U-Bahn rollt schon: Dreieinhalb Jahre vor Beginn der WM 2022 will sich Katar als vorbildlicher Organisator zeigen. Doch die von FIFA-Chef Infantino geplante Aufstockung auf 48 Teilnehmer brächte alles durcheinander.

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Doha (dpa) – Zum Eröffnungsspiel im ersten komplett neu gebauten WM-Stadion hatte sich Gastgeber Katar einigen Pomp einfallen lassen.

Es gibt eine halbstündige Feier vor dem Anpfiff mit Lichtshow und leuchtendem Globus im Mittelkreis; ein Feuerwerk im Nachthimmel, bejubelt von fast 40.000 Fans; auf der Tribüne zudem internationale Altstars, die voll des Lobes waren für das Stadion Al-Dschanub südlich der Hauptstadt Doha. Das Design sei «unglaublich», jubelte der holländische Ex-Nationalspieler Ruud Gullit. «Es ist ein richtiges Fußballstadion. Als Fußballspieler willst du hier spielen.»

Rund dreieinhalb Jahre vor Beginn der WM 2022 will Katar alle Zweifel von Kritikern beiseite räumen, die beim Gedanken an ein Turnier in einem superreichen Wüstenemirat ohne Fußballtradition, noch dazu im Winter, die Nase rümpfen. Die WM 2022 – so lautet die Botschaft, die das Land vermitteln will – soll ein außergewöhnliches Ereignis werden, dessen Vorbereitung ohne Sand im Getriebe läuft.

Mit der Eröffnung des Al-Dschanub-Stadions in der vergangenen Woche sind zwei von acht geplanten Arenen spielbereit. Noch in diesem Jahr sollen die beiden nächsten Folgen und spätestens bis 2021 alle fertig sein, wie Cheforganisator Nassir al-Chatir verspricht. Nach dem Turnier wird die Kapazität mehrerer Arenen reduziert. So wird beim Al-Dschanub-Stadion in der Stadt Al-Wakrah, wo Spiele bis zum Viertelfinale ausgetragen werden, der Oberrang abgebaut und die Zahl der Plätze auf 20 000 halbiert. Alle Stadien können auch bei größter Hitze auf angenehme Temperaturen heruntergekühlt werden.

In diesem Monat hat auch die neu gebaute Metro ihren Betrieb auf einer ersten Strecke aufgenommen. Sie soll die Fans schnell von einem Stadion zum nächsten bringen. Katar wirbt mit einer WM der kurzen Wege, nicht zuletzt weil die meisten Arenen in Doha stehen. Auch mit der Metro will sich Katar von einer modernen Seite zeigen: Die Züge rollen ohne Fahrer, das Internet ist umsonst, und wer es besonders komfortabel haben möchte, kann in die VIP-Klasse einsteigen.

Optimale Bedingungen soll es auch für die Spieler geben, so wie am bereits fertig gestellten Trainingszentrum der Katar-Universität in Doha. Zwei Felder mit feinem grünem Rasen stehen hier zur Verfügung, dazu rund 500 Plätze für Journalisten und Zuschauer sowie eine Sporthalle mit Klimaanlage. Nach der WM, so lautet der Plan, sollen hier internationale Spitzenteams ihre Trainingslager abhalten.

Trotzdem bleiben Fragen. Ist ein kleines Land wie Katar mit nur rund drei Millionen Einwohnern überhaupt in der Lage, eines der weltweit größten Sportereignisse reibungslos zu organisieren? Das Emirat dürfte den bislang größten Besucheransturm seiner Geschichte erleben. In Modellen versuchen die Organisatoren herauszufinden, wie sich die Menge am besten steuern lässt. Es gebe eine «akribische Planung», um sicherzustellen, dass alles gut laufe, sagt Al-Chatir.

Und dann ist da noch die Diskussion über eine mögliche Aufstockung des Turniers von 32 auf 48 Mannschaften, so wie FIFA-Chef Gianni Infantino es wünscht. Beim FIFA-Kongress in Paris soll am 5. Juni die endgültige Entscheidung fallen. Nach außen hin zeigt sich Al-Chatir offen, sagt aber auch, dass Katar weiter mit 32 Teams plane.

Tatsächlich würde eine Ausdehnung große Probleme aufwerfen. Die geplante Infrastruktur ist auf das kleinere Format ausgelegt und ließe sich nicht mehr anpassen. Katar müsste sich also Co-Gastgeber ins Boot holen. Weil die Nachbarn Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabische Emirate (VAE) aber mit dem Wüstenstaat verfeindet sind und ihn blockieren, kämen dafür nur Kuwait oder Oman in Frage – die innerhalb kürzester Zeit Pläne für ein Großturnier vorlegen müssten.

Al-Chatir gibt sich diplomatisch. Eine Aufstockung habe viele positive Aspekte, sagt er, das bisherige Format aber ebenso. Vor allem aber macht er klar, dass Katar ein Wort mitreden will: «Niemand wird diesen Beschluss allein fassen. Wir prüfen, wir schauen uns das an. Wir wollen das tun, was für den Fußball am besten ist.»

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