US-Präsident Donald Trump: Viel wird auch bei diesem G20-Gipfel von ihm abhängen. (Quelle: AP/dpa)

Der G20-Gipfel ab Freitag in Buenos Aires bietet so viel Zündstoff wie lange nicht mehr: Ukraine-Krise, Handelsstreit und Khashoggi-Affäre. Doch ob sich die Weltgemeinschaft zusammenrauft, ist ungewiss.

Brennende Barrikaden, geplünderte Geschäfte, Straßenschlachten zwischen Polizei und vermummten Demonstranten: Das sind die Bilder, die vom letzten G20-Gipfel in Hamburg vor 17 Monaten geblieben sind. Gut möglich, dass es ein Déjà-vu gibt, wenn an diesem Freitag die mächtigsten Frauen und Männer der Welt in Buenos Aires zu zweitägigen Beratungen zusammenkommen.

Am ersten Gipfeltag wollen Zehntausende in der argentinischen Hauptstadt gegen Globalisierung und die Wirtschaftskrise im eigenen Land auf die Straße gehen. Schon am Mittwoch wurden schwer bewaffnete Sicherheitskräfte mit Straßensperren an vielen Stellen in der Stadt postiert.

Der G20-Gripfel: Die Themen, die Maßnahmen (Quelle: t-online.de)

Krisen und jede Menge Zündstoff

Egal ob die Proteste diesmal friedlich verlaufen oder nicht – der Gipfel selbst bietet so viel politischen Zündstoff wie lange nicht mehr. Im Mittelpunkt werden drei Krisen stehen:

Ukraine: Die Eskalation vor der Küste der von Russland annektierten Krim hat dem Gipfel ein unerwartetes Topthema beschert. US-Präsident Donald Trump hat am Donnerstag bereits sein mit Spannung erwartetes Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin abgesagt. Solange Russland ukrainische Schiffe und Soldaten weiter festsetze, wolle er sich nicht mit Putin treffen. Trump ließ aber eine Hintertür offen: Er freue sich auf einen bedeutenden Gipfel, sobald diese Situation geklärt sei.

Handelsstreit: Auch hierbei spielt Trump eine Hauptrolle. Mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping wird er über die Strafzölle reden, die er dem mächtigen Rivalen auf den Weltmärkten auferlegt hat. Und auch beim Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfte es in erster Linie um dieses Thema gehen. Berichten zufolge könnte Trump schon in der nächsten Woche deutsche Autos mit Strafzöllen belegen. Ein eigentlich für diese Woche geplantes Treffen mit den Chefs von VW, BMW und Daimler kam nicht zustande.

Khashoggi-Affäre: Schon zwei Tage vor Gipfelbeginn traf der Teilnehmer in Buenos Aires ein, der es am G20-Tisch am schwersten haben wird. Jeder Schritt, jeder Handschlag, jedes Gespräch des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman wird genau beobachtet werden. Denn dass jemand mit den Mächtigsten der Welt verhandelt, der selbst verdächtigt wird, einen Mord in Auftrag gegeben zu haben, ist ein absolutes Novum. Zum Tod des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul gibt es weiterhin erheblichen Erklärungsbedarf.

Erdogan will Chef sein, doch es liegt an Trump

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der sich als Chef-Aufklärer in der Sache geriert, ist ebenfalls in Buenos Aires dabei. Gegen ein Treffen mit Salman hat er grundsätzlich nichts einzuwenden – anders als Trump, der das bereits ausgeschlossen hat, obwohl er den Kronprinzen weiter als Verbündeten ansieht.

Von Trump wird am Ende wohl wieder abhängen, ob der Gipfel zumindest kleine Teilerfolge bringt oder wie zuletzt der G7-Gipfel in Kanada Anfang Juni in einem Desaster endet. Damals kündigte der US-Präsident die mühsam ausgehandelte Abschlusserklärung nachträglich aus dem Flugzeug per Twitter auf. In zehn Jahren G20-Gipfel gab es bisher immer solche Kommuniqués. Diesmal ist das alles andere als sicher. Und wenn es eine Einigung gibt, wird man genau hinschauen müssen, wie minimal der Konsens bei den Fragen Protektionismus und der Reform der Welthandelsorganisation WTO sein wird.

Polizeiwagen am Veranstaltungsort des G20-Gipfels: 22.000 Polizisten sind im Einsatz. (Quelle: Gustavo Garello/AP/dpa)

Das wird dann auch ein Gradmesser dafür sein, wie durchlöchert die auf internationalen Verträgen und Organisationen basierende Weltordnung nach zwei Jahren Trump schon ist. Kanzlerin Merkel hat in ihrer Bundestagsrede in der vergangenen Woche noch einmal ein flammendes Plädoyer für internationale Zusammenarbeit gehalten. „Deutsches Interesse heißt, immer auch die anderen mitzudenken“, hielt sie den „Amerika zuerst“-Parolen Trumps entgegen.

Aber hört überhaupt noch jemand auf die Kanzlerin, nachdem sie ihren schrittweisen Rückzug aus der Politik verkündet hat? Merkel war bisher bei jedem G20-Gipfel dabei. In der Runde bringt wohl nur noch Putin so viel Erfahrung in der internationalen Politik mit wie sie. Und so etwas kann in solch bewegten Zeiten eigentlich ganz hilfreich sein.

Externer Druck durch Großdemonstrationen 

Wenn es in Buenos Aires ganz schlecht läuft, reden wie in Hamburg am Ende alle wieder nur über Gewalt auf den Straßen. Der argentinische Präsident Mauricio Macri möchte das unbedingt verhindern. An den Gipfeltagen werden 22.000 Polizisten und 3.000 Soldaten im Einsatz sein. Die US-Streitkräfte haben im benachbarten Uruguay 400 Soldaten und Awacs-Aufklärungsflugzeuge stationiert. Vor der Küste soll der Flugzeugträger „USS Carl Vinson“ kreuzen. Das argentinische Sicherheitsministerium beschaffte Medienberichten zufolge 15 Millionen Gummigeschosse und zwei Millionen Schuss scharfe Munition.

Gewerkschaften, soziale Bewegungen und linke Gruppen haben zu Protesten gegen den G20-Gipfel aufgerufen. Ihre Kritik richtet sich auch gegen die aus ihrer Sicht neoliberale argentinische Regierung und den Internationalen Währungsfonds (IWF), der im Gegenzug für milliardenschwere Kredite harte Sparmaßnahmen fordert.

Die größte Demonstration wird am Freitag erwartet. „Wir hoffen auf eine massive Beteiligung“, sagte Beverly Keene vom Protestbündnis Diálogo 2000. In Argentinien gibt es eine gut organisierte und kampferprobte linke Szene. Selbst bei Protesten gegen Rentenkürzungen fliegen dort schon einmal Steine und Molotowcocktails.
 

  • Treffen in Krisenzeiten:

 
„Wer demonstrieren will, hat das Recht dazu, aber unter einer Bedingung: Es muss friedlich bleiben“, sagte Sicherheitsministerin Patricia Bullrich. „Gewalttätige Aktionen dürfen nicht vorkommen. Wir werden sehr streng sein.“

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