Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verliert einen wichtigen Weggefährten. (Quelle: AP/dpa)

Rückschlag für Präsident Erdogan: Ein prominentes Mitglied seiner AKP kehrt der Partei den Rücken. Nach der Wahl in Istanbul ist der Unmut in der AKP groß, es gibt Gerüchte über eine Parteineugründung.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan verliert einen weiteren ehemaligen Verbündeten in der Regierungspartei. Ex-Vizeministerpräsident und Ex-Wirtschaftsminister Ali Babacan kehrt der AKP den Rücken und begründet seinen Austritt mit tiefgreifenden Differenzen über die Ausrichtung der Partei. 

Babacan habe am Montag ein entsprechendes Schriftstück an die Parteizentrale geschickt, meldeten zahlreiche Medien. Außerdem zitierten sie aus einem Brief an die Öffentlichkeit, den Babacan verbreitet haben soll. Darin schien er Gerüchte über eine neue Partei zu bestätigen.

„Menschenrechte, Freiheiten, eine fortschrittliche Demokratie“

Bei der Bürgermeisterwahl in Istanbul hatte sich der Oppositionskandidat trotz einer von der AKP durchgesetzten Wiederholung des Urnengangs durchgesetzt. Die Wahl galt als Referendum über die Politik Erdogans und als Lackmustest für die Demokratie in der Türkei.

Er habe lange hinter der Partei gestanden, schrieb Babacan demnach. Aber in den vergangenen Jahren hätten sich Gräben aufgetan zwischen den Grundsätzen, an die er glaube, und dem Vorgehen der Partei. „Verstandesmäßig und im Herzen habe ich eine Abgrenzung erlebt“, hieß es. Es sei „unumgänglich geworden, neue Anstrengungen für Gegenwart und Zukunft der Türkei zu unternehmen“. Er fühle dafür große Verantwortung. Es gehe auch darum, den Ruf des Landes zu verbessern. „Menschenrechte, Freiheiten, eine fortschrittliche Demokratie und Rechtshoheit sind unsere unerlässlichen Grundsätze.“

Der Ex-Wirtschaftsminister Ali Babacan. (Quelle: Reuters)

In den vergangenen Monaten war immer wieder das Gerücht aufgetaucht, dass Babacan gemeinsam mit Ex-Präsident Abdullah Gül für eine neue Partei AKP-Mitglieder abwerben will, die mit Erdogans zunehmend autoritärem Politikstil nicht einverstanden sind. Ähnliche Meldungen gab es auch um Ex-Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Beobachter werteten die Unruhe in Erdogans Partei als Zeichen von Machtverlust.

Gründungsmitglied der AKP

Bei der regulären Kommunalwahl am 31. März hatte die AKP in vielen Großstädten an Zustimmung verloren. Hauptgrund war die schlechte wirtschaftliche Lage, andere reagierten auch auf Erdogans aggressive Rhetorik. Der wichtigste Bürgermeisterposten des Landes in Istanbul fiel nicht nur im März, sondern auch bei der Wiederholung der Wahl am 23. Juni an den Oppositionskandidaten Ekrem Imamoglu, der mit positiven und einenden Botschaften punktete.

Babacan, geboren 1967, war 2001 Gründungsmitglied der AKP. Von 2002 bis 2007 war er Wirtschaftsminister und genoss auch im Ausland Ansehen. Später wurde er Außenminister und Vize-Ministerpräsident. Er war auch Chefunterhändler für die Beitrittsverhandlungen mit der EU.

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