Mietdeckel: Berlin will Mieterhöhungen verbieten

Die Mieten in deutschen Großstädten steigen und steigen, alte Leute werden auf die Straße gesetzt, es entstehen immer mehr Luxuswohnungen. Berlin will mit einem Mietendeckel wenigstens Mieterhöhungen begrenzen. (Quelle: dpa)

Proteste gegen steigende Mieten: In Berlin wird derzeit ein Vorstoß diskutiert, Mieterhöhungen für fünf Jahre zu verbieten. (Quelle: dpa)


Lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen und immer schneller steigende Mieten: In Berlin will der Senat Mieterhöhungen für fünf Jahre einfrieren. So wehrt sich ein Eigentümerverband.

In einer Woche ist es soweit. Dann wird der rot-rot-grüne Senat in Berlin zu einer Sitzung zusammenkommen und ganz viele Mieter und Eigentümer werden genau hinsehen, was beschlossen wird. Es geht um ein Eckpunktepapier: Keine Mieterhöhungen für fünf Jahre. Zwischen 1,5 und 1,6 Millionen Wohnungen wären laut Mieterverein von der „Mietendeckel“-Regelung in der Hauptstadt betroffen. Doch gehen vor der Entscheidung möglicherweise die Mieten noch einmal nach oben?

Auf der Homepage des Eigentümerverbands „Haus & Grund“ läuft ein Countdown für Mieterhöhungen. (Quelle: Screenshot von der Homepage des Eigentümerverbands „Haus & Grund“/t-online.de)

Der Berliner Landesverband „Haus und Grund“ ruft auf seiner Internetseite genau dazu auf – nämlich die Mieten bis zum 17. Juni zu erhöhen. Das ist der Tag vor der Senatssitzung. Die Eckpunkte könnten dann Grundlage für einen Gesetzentwurf werden. Der Verband sieht nun die „womöglich letzte Chance, die Miete zu erhöhen“. Ein Countdown zählt auf der Webseite die Sekunden, Minuten, Stunden und Tage runter. „Erhöhen Sie bis zum 17. Juni 2019 die Miete!“, fordert der Verband.

„Verheerendes Signal“

Dieser Aufruf sorgte zu Beginn der Woche für Entsetzen. Am Mittwoch berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ bereits von Vermietern, die Mieterhöhungen ankündigten. Der Zeitung liegen nach eigenen Angaben Mails von Vermietern an Mieter vor.

Der Appell sei ein verheerendes Signal, sagte Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Dienstag. „Mieterinnen und Mieter werden so zum Faustpfand der Immobilienlobby degradiert. Wer Mieterhöhungen gezielt einsetzt, um die Politik auf Kosten von Mieterinnen und Mietern unter Druck zu setzen, entlarvt sich selbst.“

Proteste gegen Mieterhöhungen in Berlin: Die Vermieter sollen in den nächsten fünf Jahren nicht die Mieten anheben dürfen. (Quelle: photothek/imago images)

Unverantwortlich nannte der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips, die Aufforderung. „Die Reaktion des Vermieterverbandes zeigt, wie notwendig Regelungen zur Mietenbegrenzung und zur Deckelung der Mieten sind.“ Rips forderte den Senat auf, zu prüfen, ob der Mietendeckel rückwirkend zu einem bestimmten Stichtag, zum Beispiel 1. Juni 2019, in Kraft gesetzt werden könne.

Erhöhung durch Mieterverein prüfen lassen

Mietern, die in den nächsten Tagen eine Mieterhöhung erhalten, riet er, diese durch den Berliner Mieterverein prüfen zu lassen. „Die ortsübliche Vergleichsmiete ist die absolute Obergrenze. Mehr darf der Vermieter in einem laufenden Mietverhältnis nicht fordern.“

Der Anstieg der Nettokaltmieten verlangsamte sich im Schnitt zuletzt in der Hauptstadt. Stiegen sie zwischen 2015 und 2017 noch um jährlich 4,6 Prozent, legten sie zwischen 2017 und 2019 um 2,5 Prozent zu, wie unlängst aus dem neuen Mietspiegel hervorging.

Maximal bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen

Haus und Grund verteidigte seinen Aufruf. Es gebe bereits vermehrt Anrufe mit der Frage, wo Mieterhöhungsformulare erworben werden könnten. Das Verhältnis zwischen den kleineren Vermietern und Mietern sieht der Verband nicht in Gefahr. „Wenn jetzt eine Mieterhöhung in einem laufenden Mietvertrag ausgesprochen wird, dann kann damit maximal die ortsübliche Vergleichsmiete erreicht werden“, hieß es vom Verband.

Wohnungsdebatte schon lange aufgeheizt

In Berlin ist die Wohnungsdebatte schon lange aufgeheizt. Noch in dieser Woche (14. Juni) will eine Bürgerinitiative für ein bundesweit einmaliges Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungskonzerne Unterschriften bei der Senatsverwaltung abgeben. Ein Vorhaben, das die Immobilienbranche zum Kochen brachte.

Die FDP als Oppositionspartei spricht sich im Gegensatz zu dem geplanten „Mietendeckel“ für eine „mietensenkende Neubau-Offensive“ aus. Der Vorstand des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Maren Kern, sagte: „Der Aufruf von Haus und Grund zeigt, wie groß die Verunsicherung angesichts der Mietenpolitik in Berlin mittlerweile ist. Mit dem Mietendeckel wird eine ganze Branche undifferenziert an den Pranger gestellt.“

Die Reaktion des Haus-und-Grund-Verbands sei erwartbar, sagte Claus Michelsen, Wohnungsmarktexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. „Das ist jetzt ein bisschen die populistische Antwort.“ Die Kritik sei aber nachvollziehbar. Mit dem Instrument des „Mietendeckels“ sollten auch Bestandsmieten gesenkt werden. Das träfe vor allem private Kleinvermieter, in deren Hand ein großer Teil aller Berliner Wohnungen läge.

Aktienkurse rutschten ab

Als das Eckpunktepapier zum „Mietendeckel“ in der vergangenen Woche bekannt wurde, rutschten Aktienkurse großer Immobilienunternehmen ab. Auch am Dienstag kamen die Papiere von Deutsche Wohnen und Ado Properties nicht auf die Beine.
 

 
Analystin Valerie Guezi von der französischen Investmentbank Exane BNP Paribas geht zwar in einer am Dienstag vorgelegten Studie eher nicht davon aus, dass das geplante Einfrieren der Mieten für fünf Jahre in Berlin umgesetzt wird. Doch angesichts des politischen Drucks sei eine wie auch immer geartete Mietpreisregulierung bereits 2020 wahrscheinlich, schreibt die Expertin in einer Branchenstudie.

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