Parlament stimmt gegen Brexit-Abkommen

Premierministerin Theresa May hat die Abstimmung über ihr Brexit-Abkommen im Parlament verloren. Das Unterhaus stimmte am Dienstagabend dagegen.

Krachende Niederlage: Das Parlament stimmt gegen das Brexit-Abkommen. (Quelle: Reuters)


Jeremy Corbyn kommt die Niederlage von Theresa May genau Recht: Der Labour-Chef rechnet damit, nach Neuwahlen Regierungschef werden zu können. Bereits bei der letzten Wahl erzielte er Erfolge.

Nach der krachenden Brexit-Niederlage von Premierministerin Theresa May im britischen Unterhaus sieht Oppositionsführer Jeremy Corbyn seine Stunde gekommen: Der Labour-Chef beantragte nach der klaren Ablehnung von Mays Brexit-Vertrag durch die Abgeordneten am Dienstagabend umgehend ein Misstrauensvotum gegen die Regierungschefin. Im Fall von Neuwahlen rechnet sich der 69-Jährige Chancen auf das Amt des Regierungschefs aus.

Jeremy Corbyn, Labour Party-Führer: Bei Neuwahlen will er Regierungschef werden (Quelle: Peter Nicholls/Reuters)

May trat trotz der breiten Ablehnungsfront gegen ihre Brexit-Vorlage vom Dienstagabend nicht zurück. Das von Labour beantragte Misstrauensvotum findet bereits am Mittwochabend statt. Zwar kündigten Mays Koalitionspartner, die nordirische DUP, wie auch parteiinterne Kritiker ihre Unterstützung der Regierungschefin an, aber auch wenn May die Abstimmung überstehen sollte, ist unklar, wie es nach dieser historischen Niederlage weitergehen soll. Verliert May das Misstrauensvotum, könnte das zur Bildung einer neuen Regierung führen. Andernfalls könnten Neuwahlen angesetzt werden.

Seit 1983 im Unterhaus: Das ist Jeremy Corbyn

Corbyn war schon 2017 der eigentliche Sieger der von May angesetzten vorgezogenen Parlamentswahl. Er jagte der bis dahin mit absoluter Mehrheit regierenden May viele Stimmen ab und konnte für Labour 29 Sitze im Unterhaus hinzugewinnen. Vor allem Erst- und Jungwähler stimmten in Scharen für Labour – für den Parteilinken Corbyn war das Ergebnis sein bisher größter Erfolg. Dass er für Überraschungen gut ist, hatte er bereits mit seiner Wahl zum Labour-Vorsitzenden 2015 gezeigt: Bei der Urwahl hatte er knapp 60 Prozent der Stimmen erzielt – zum Entsetzen des noch von der Zeit unter Tony Blair geprägten Partei-Establishments.

Dem Unterhaus gehört Corbyn bereits seit 1983 an, dort fristete er allerdings lange ein Dasein als Hinterbänkler. Größere Bekanntheit erlangte der überzeugte Pazifist als vehementer Kritiker von Premierminister Blair, der den USA in den Irak-Krieg folgte. Nach seiner Wahl zum Labour-Chef wurde Corbyn von der Basis wie ein Rockstar gefeiert, er zog hunderttausende neue Mitglieder in die Partei. Dabei half ihm sein Image als liebenswerter Underdog, das der Vater dreier Kinder seither kultiviert. Der bärtige Abstinenzler und Vegetarier, der kein Auto besitzt, zeigt sich gern auf dem Fahrrad, im Plausch mit Nachbarn oder in seinem Schrebergarten. Als Hobby gibt er Marmelade-Einkochen an. Seine dritte, 20 Jahre jüngere Ehefrau stammt aus Mexiko. 

Wunde Punkte: Der Brexit und der Labour-Antisemitismus 

Bei aller Euphorie an der Basis für Corbyn – nach dem Brexit-Votum 2016 rumorte es in der Labour-Fraktion gewaltig: Viele Abgeordnete warfen Corbyn vor, sich nicht entschieden genug für einen Verbleib Großbritanniens in der EU eingesetzt zu haben.

Mehr als 80 Prozent der Fraktionsmitglieder entzogen ihm das Vertrauen, doch Corbyn lehnte einen Rücktritt ab. Dass seine Beliebtheit an der Basis ungebrochen war, zeigte die zweite Urwahl im September 2016 – knapp 62 Prozent der Parteimitglieder stimmten für ihn. Einen Schatten auf den Labour-Chef werfen auch Ermittlungen von Scotland Yard wegen des Verdachts auf „antisemitische Hassverbrechen“ in der Labour-Partei. Corbyn räumte ein, dass Labour ein „echtes Problem“ mit Antisemitismus habe, der nicht toleriert werden könne. Dem Palästina-Aktivisten wurde selbst immer wieder Antisemitismus vorgehalten.

May fürchtet den Oppositionschef

In Sachen Brexit erfüllt Corbyn auf jeden Fall seit langem die Hoffnungen vieler pro-europäischer Jungwähler nicht. Er ist nicht gegen einen EU-Austritt, wirbt aber immerhin für einen „Jobs-First-Brexit“, der möglichst viele Arbeitsplätze im Königreich erhalten soll. Die meisten Labour-Abgeordneten sind pro-europäisch eingestellt. Sie spekulieren auf Neuwahlen oder ein zweites Referendum, welches Corbyn aber skeptisch sieht.

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May indes warnt ihre Partei vor Neuwahlen und einem möglichen Sieg von Labour. Im Dezember sagte sie: „Ich glaube, dass wir uns das Risiko nicht leisten können, Jeremy Corbyn die Macht in die Hände zu geben.“

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