Eine Gruppe Rechtsprofessoren hat laut „Spiegel“ bei Staatsanwaltschaften Anzeige gegen unbekannt erstattet. Die Kirche selbst hatte 1670 Beschuldigte beziffert. Die Täter sollen nun zur Rechenschaft gezogen werden.

Demonstration der Laienbewegung „Wir sind Kirche“ in Freiburg 2010

Knapp fünf Wochen, nachdem die Kirche die Ergebnisse einer internen Studie zum Missbrauch veröffentlicht hatte, müssen nun auch weltliche Instanzen die Vorfälle aufklären: Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ hat eine Gruppe Strafrechtsprofessoren um den Passauer Holm Putzke eine Anzeige gegen unbekannt verfasst und bei den Staatsanwaltschaften in jedem der 27 Bistümer eingereicht. Fünf von ihnen prüfen laut dem Magazin bereits, Ermittlungen aufzunehmen. In dem elf Seiten langen Text erinnerten die Professoren die Ermittler an ihre „unbedingte Pflicht“, dem offensichtlichen „Anfangsverdacht“ nachzugehen. Viele Fälle seien noch nicht verjährt, schreibt der „Spiegel“ unter Berufung auf die Anzeige.

Mindestens 3677 Opfer

Damit erhält die Aufarbeitung eines Systems, in dem über Jahrzehnte hinweg sexueller Missbrauch toleriert und vertuscht wurde, nun auch eine strafrechtliche Dimension. Im September hatte die Deutsche Bischofskonferenz den Abschlussbericht einer Gruppe von Wissenschaftlern vorgestellt, die im kirchlichen Auftrag intern nachgeforscht hatten. Sie hatten 3677 Minderjährige erfasst, die im Untersuchungszeitraum von 1946 bis 2014 Opfer sexueller Gewalt geworden waren – beschuldigt werden mindestens 1670 Geistliche. Kritiker bemängelten damals, dass die Kirchen den Wissenschaftler nicht komplett freien Zugang zu den kirchlichen Archiven gewährten und dass sie ihre Erkenntnisse, die auch konkrete Hinweise auf Täter umfassten, nicht an staatliche Ermittler weitergaben.

„Die Kirche kann sich einer juristischen Aufklärung nicht verweigern“, zitiert der „Spiegel“-Bericht Bundesjustizministerin Katarina Barley. Die Juristen um Putzke raten laut dem Bericht sogar zu einer Untersuchung der Anwaltskanzleien, die den Datenaustausch zwischen den Bistümern und den Autoren der Studie organisiert hatten. Im Zusammenhang mit dem Dieselskandal hatte das Bundesverfassungsgericht im Juni eine ähnliche Durchsuchung bei einer Kanzlei gebilligt.

ehl/stu (afp, epd, spiegel)

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