Es ist längst ein politischer Fall: Ein zu Unrecht inhaftierter Flüchtling stirbt nach einem Brand im Gefängnis. Die Behörden in NRW geben Fehler zu. Einen Mordversuch jedoch schließt der Justizminister aus.

Ein Fahrzeug der Feuerwehr vor dem Eingang der Justizvollzugsanstalt Kleve (Archivbild)

Nach dem Tod eines syrischen Häftlings bei einem Zellenbrand in Kleve kommt ein externer Gutachter zu dem Schluss, der Mann habe Selbstmord begangen. Er habe das Feuer in der Justizvollzugsanstalt vorsätzlich und „in höchstwahrscheinlich suizidaler Absicht“ gelegt, heißt es in dem Untersuchungsbericht.

Der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sagte bei der Vorstellung des Gutachtens, die Flammen hätten bereits 15 Minuten gelodert, bevor der Flüchtling für neun Sekunden die Gegensprechanlage aktiviert habe. Der Vollzugsbeamte am anderen Ende der Leitung habe ihm mitgeteilt, „dass er derzeit noch ein Telefonat zu führen habe und sich später melden würde“. Danach habe der Syrer „sich nicht weiter bemerkbar gemacht“. Ein solcher Kommunikationsablauf sei in einer Haftanstalt nicht ungewöhnlich.

Verwechslung durch die Polizei

Im Oktober hatte Biesenbach in einem Schreiben an den Rechtsausschuss des Landtags noch erklärt: „Der Gefangene hatte die Rufanlage jedenfalls nicht betätigt.“ Die später geänderte Darstellung begründete das Justizministerium damit, dass zwischenzeitlich neue Informationen der Justizvollzugsanstalt Kleve vorgelegen hätten.

Der Flüchtling war Ende September, zwei Wochen nach dem Zellenbrand, in einer Klinik an seinen schweren Verbrennungen gestorben. Er hatte nachweislich mehr als zwei Monate zu Unrecht im Gefängnis gesessen – weil die Polizei ihn mit einem namensgleichen Dieb verwechselt hatte, der per Haftbefehl gesucht wurde. Tatsächlich hätten aber mehrere Frauen dem 26-Jährigen sexuelle Belästigung vorgeworfen, sagte Biesenbach.

SPD und Grüne verlangen den Rücktritt des Justizministers, weil er das Parlament falsch informiert habe. Biesenbach lehnt einen Amtsverzicht strikt ab. Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte Anfang Oktober die Familie des Verstorbenen für „schwere handwerkliche Fehler“ der Ermittler um Entschuldigung gebeten. Der Sachverständigenbericht soll am Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtags erörtert werden.

jj/ml (dpa, afp, kna)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

Team Liquid gewinnt auch Blast Series Pro in Los Angeles

Los Angeles (dpa) – Unaufhaltsam hat sich Team Liquid bei der Blast Pro Series in Los Ange…