In Baikonur startet eine einzigartige astrophysische Mission. Das deutsche Teleskop eRosita soll das Weltall kartografieren und dazu rund 100 000 Galaxien beobachten. Aus Baikonur Juri Rescheto.

Kurz vor dem Start glänzt es ein letztes Mal in der knallenden Sonne der kasachischen Steppe. eRosita, so groß wie ein Kleiderschrank, soll schon bald das ganze Universum durchleuchten. Ein in Deutschland entwickeltes und gebautes Röntgen-Teleskop wird auf eine Mission geschickt, die die Wissenschaftler trocken als „Inventur des Weltalls“ bezeichnen. eRosita soll dabei  schwarze Löcher jagen, neue Galaxien entdecken und dunkle Energie messen, sagen die Forscher. Nicht mehr und auch nicht weniger.

Das Wunder-Teleksop startet vom russischen Kosmodrom Baikonur. Es soll an Bord der russischen Raumsonde Spektrum-Röntgen-Gamma (SRG) fast sieben Jahre aus dem Weltall zur Erde funken. Dabei soll das Teleskop nicht nur sichtbare Himmelskörper erfassen, sondern auch die, die man nicht einmal theoretisch sehen kann.

Das Unsichtbare sichtbar machen

Das ist der Clou eines solchen Röntgen-Teleskops, das aus sieben parallel ausgerichteten Modulen mit jeweils einem Röntgenspiegel besteht. Die Spiegel sammeln hochenergetische Photonen und fokussieren sie auf die CCD-Röntgenkameras. Damit soll eRosita die Objekte aufgrund ihrer Wärme und ihrer Strahlung registrieren. Im Laufe der Jahre soll eRosita insgesamt acht Scans des gesamten Himmels zur Erde schicken.

eRosita soll eine „Inventur des Weltalls“ vornehmen. Wenn´s weiter nichts ist….

Bevor aber eRosita den gesamten Himmel durchmustert, soll es einen Punkt erreichen, von wo es das am besten machen kann. Dieser Ort, an dem die Gravitation von Sonne und Erde durch die Zentrifugalkraft aufgehoben wird, liegt 150 Millionen Kilometer von unserer Sonne entfernt und heißt Lagrange Punkt L2, benannt nach Joseph-Louis Lagrange, einem französischen Mathematiker und Astronom des 18. Jahrhunderts.

Einmal am Lagrange Punkt L2 angekommen, umkreist die russische Sonde mit dem deutschen Teleskop diesen Ort des Gleichgewichts und wandert gemeinsam mit der Erde um die Sonne. Dabei wird eRosita sich ständig drehen und bestimmte Punkte umkreisen. Einmal im Jahr soll es die Sonne umkreisen und sich insgesamt 2.200 mal um seine eigene Achse drehen. 

Gespannte Vorfreude

Im Sternenstädtchen bei Moskau, wo eRosita seit Januar auf ihren Transport nach Boikonur wartete, freut sich der russische Projektleiter Raschid Sunjaew im Gespräch mit der DW über den baldigen Start: „Wenn diese Mission erfolgreich ist, wird sie für die ganze Welt enorm wichtig, denn das nächste noch genauere Experiment kann erst in den nächsten 25-30 Jahren starten. Das werde ich allerdings nicht mehr erleben.“

Bis zu 100.000 Galaxien wollen die Wissenshaftler mit eRosita entdecken. Das letzte, ähnliche Experiment gab es in den 1990er Jahren. Damals aber stand nur ein 20-mal schwächeres Teleskop zur Verfügung.

Gespannte Vorfreude – eRosita wird von Baikonur ins All geschossen –

Damit es eRosita aber nicht zu einsam im All wird, fliegt ein russisches Teleskop gleich mit. Es hat den weniger romantisch klingenden Namen ART-XC und wurde im renommierten Moskauer Lavotchkin-Forschungszentrum entwickelt.

Die deutschen Wissenschaftler des Max-Plank-Instituts, in dem eRosita gebaut wurde, und ihre russischen Kollegen vom Lavotchkin-Forschunfszentrum wollen mit Hilfe von eRosita und ART-XC auch deutlich mehr über die sogenannte „dunkle Energie“ erfahren. Ob sich das Universum immer noch ausweitet, ist eine der spannendsten Fragen der Astrophysik überhaupt.

Antworten auf den Fragen von morgen

Aber was hat das alles mit unserem Alltag zu tun? Peter Predehl vom Max-Planck-Insitut hat darauf eine originelle Antwort: „Wenn man gefragt wird, was kann ich mir morgen dafür kaufen, dass ich heute an schwarzen Löchern forsche, bleibt mir nichts anders übrig, als mein Smartphone rauszuholen und zu fragen: `Was war in der Vergangenheit notwendig, damit es heute funktioniert?´Wir wissen nicht, was rauskommt, aber wenn wir es nicht machen, kommt gar nichts raus.”

Gut möglich also, dass uns eRosita in Zukunft Antworten leifert, obwohl wir gegenwärtig noch nicht einmal die Frage kennen.

 

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