Der zuständige Gutachter des Europäischen Gerichtshofs hält die Pkw-Maut für rechtskonform. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie eingeführt wird. Österreich hatte dagegen geklagt und reagiert verschnupft.

Seit Jahren ist die in Deutschland geplante Pkw-Maut ein Zankapfel. Im Inland umstritten und insbesondere den Nachbarstaaten Österreich und Niederlande ein Dorn im Auge. Beide Länder sehen eine Benachteiligung ausländischer Autofahrer, weil die sogenannte Infrastrukturabgabe für das Straßennetz alle Nutzer zahlen müssen, die Fahrzeughalter in Deutschland aber über die Kraftfahrzeugsteuer entlastet werden sollen.

Heftiger Dämpfer für die Klage

Die jüngste Expertise des zuständigen Rechtsexperten beim Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sieht die geplante Pkw-Maut in Deutschland im Einklang mit EU-Recht. EuGH-Generalanwalt Nils Wahl schlage vor, die Klage von Österreich, der sich die Niederlande angeschlossen haben, gegen die Mauteinführung abzuweisen, teilte das höchste europäische Gericht in Luxemburg mit.

Der Umstand, dass Haltern von in Deutschland zugelassenen Autos eine Steuerentlastung bei der deutschen Kraftfahrzeugsteuer zugutekomme, die dem Betrag der Maut entspreche, stelle keine Diskriminierung anderer EU-Bürger dar. Die deutschen Behörden hätten völlig zu Recht die Ansicht vertreten, dass die bisher hauptsächlich von den Steuerzahlern getragenen Kosten des Autobahnnetzes gleichmäßig auf alle Nutzer aufgeteilt werden müssten. Dies schließe ausländische Autofahrer ein. Zudem hätten die Behörden zu Recht angenommen, dass deutsche Fahrzeughalter „einer unverhältnismäßig hohen Besteuerung unterworfen würden, wenn sie sowohl der Infrastrukturabgabe als auch der Kraftfahrzeugsteuer unterlägen“.

Der Europäische Gerichtshof ist zwar nicht an die Entscheidungsvorschläge der Generalanwälte gebunden, folgt ihnen aber in den meisten Fällen. Ein Urteil wird erst in einigen Wochen erwartet.

Erleichterung und Enttäuschung

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zeigte sich erleichtert und sprach von einem „nächsten wichtigen Schritt“ zur Einführung der Maut. Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer reagierte enttäuscht. Er sehe nach dem EuGH-Gutachten keine Erfolgsaussichten für die Klage. Zugleich erklärte er, ein ähnliches Mautmodell für die Alpenrepublik prüfen zu wollen. Wenn die EU erlaube, ausländische Verkehrsteilnehmer stärker zur Kasse zu bitten und gleichzeitig einheimische Autofahrer zu entlasten, dann sollte auch Österreich das tun, sagte der FPÖ-Politiker.

Auch in Deutschland bleibt die Pkw-Maut umstritten. Grüne und FDP wandten sich erneut entschieden gegen die Pläne. Selbst wenn die Maut europarechtlich zulässig sei, „heißt das nicht, dass das Projekt sinnvoll ist“, erklärte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stephan Kühn. Es bleibe „ein teures Stammtischprojekt der CSU“. Der FDP-Abgeordnete Oliver Luksic forderte einen „sofortigen Stopp des CSU-Projekts“. Es sei schon seit langem klar, dass die Maut nur Kosten verursachen werde.

Das umstrittene Mautsystem soll im Oktober 2020 starten, nachdem die Einführung der Abgabe nach langem Streit bereits im Frühjahr 2017 vom Bundestag beschlossen wurde. Die Infrastrukturabgabe, wie die Maut offiziell heißt, wird für die Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen erhoben. Die Preise hängen von der Größe des Motors und der Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs ab. Maximal sind 130 Euro fällig.

qu/wa (afp, dpa, rtr)

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